Marlene Dietrich – die Frau, die ihr eigenes Licht erfand

Wenn man über die Stars der 1930er Jahre spricht, kommt man an einem Namen nicht vorbei: Marlene Dietrich. Sie war nicht nur Schauspielerin und Sängerin, sie war ein Phänomen. Kaum eine andere verstand es so meisterhaft, ihr eigenes Bild zu kontrollieren – und das buchstäblich.

Schon früh wusste Dietrich um ihre „Schokoladenseite“. Sie bestand darauf, dass Kameras stets in einem bestimmten Winkel positioniert wurden. Fotografen, die es wagten, sie von der „falschen“ Seite zu porträtieren, mussten mit eisigen Blicken und verweigerten Posen rechnen. In Hollywood sprach man davon, dass Dietrich nicht nur vor der Kamera spielte – sie führte hinter der Kamera gleich mit Regie.

Ein Schlüsselmoment in ihrer fotografischen Inszenierung war ihre Zusammenarbeit mit Laszlo Willinger. 1937 schuf er für MGM eine Serie von Porträts, die Dietrichs Image erneuerten. Weg von der entrückten Femme fatale, hin zu einer kühleren, moderneren Eleganz. Willinger setzte sie streng inszeniert vor Fresnel-Scheinwerfer, modellierte ihr Gesicht mit scharfem Licht und tiefen Schatten – und schuf damit die Dietrich, wie wir sie bis heute kennen: eine Ikone, fast unnahbar, aber von atemberaubender Präsenz.

Doch Dietrich ging noch weiter: Sie brachte das Studiolicht in ihr Privatleben. An ihrer Villa in Los Angeles ließ sie einen Fresnel-Scheinwerfer am Eingang installieren – nicht etwa zur Beleuchtung, sondern, wie sie selbst sagte, um beim Betreten ihres Hauses immer „im perfekten Licht“ zu erscheinen. Eine Anekdote, die gleichermaßen skurril und bewundernswert klingt. Denn sie zeigt, wie weit Dietrichs Bewusstsein für Licht, Wirkung und Selbstinszenierung reichte.

Fotografen wie Clarence Bull, der viele MGM-Stars ins rechte Licht setzte, wussten um diesen starken Willen. Wer Dietrich porträtierte, musste sich nicht nur mit einer Diva auseinandersetzen, sondern mit einer Frau, die Licht verstand wie ein Regisseur. Ihre Porträts sind deshalb keine Zufallsprodukte, sondern das Ergebnis eines kreativen Ringens zwischen Star und Fotograf – ein Spiel auf Augenhöhe.

Die Faszination dieser Bilder liegt darin, dass sie mehr sind als Fotografien. Sie sind ein Statement: Marlene Dietrich definierte sich selbst, lange bevor „Selbstinszenierung“ ein Modewort wurde. Sie war die Schöpferin ihrer eigenen Ikone – mit Fresnel-Scheinwerfern, kompromisslosen Anweisungen und einem untrüglichen Gespür für das, was unsterblich wirkt.

Noch heute spürt man diesen Geist, wenn man ihre Porträts betrachtet: Dietrich blickt uns nicht nur an, sie tritt uns entgegen wie eine Erscheinung. Und genau das macht sie zu einer Figur, die auch nach all den Jahrzehnten nichts von ihrer Strahlkraft verloren hat.